Navajo-Mythologie

Warum wir auch das Missgeschick brauchen – Navajo-Mythologie

Im Glauben der Navajo-Indianer gibt es verschiedene Welten, die nebeneinander existieren. Kojote, der Wildhund, kann zwischen diesen Ebenen wandern. Er ist eines der ganz alten Lebewesen, die es schon gab vor all den Zeiten, an die sich der Mensch erinnern kann. Wahrscheinlich gab es Kojote schon vor Beginn unserer Welt, bevor sie der große Geist geschaffen hat und so war es wohl auch in den anderen Welten.

Götter und Menschen lieben die Ordnung, Kojote bringt die Veränderung. Manchmal weiß man gar nicht , ob er die Ordnung bewusst zu zerstören versucht, oder , ob er nur versehentlich so mir nichts Dir nichts ,so richtig ungeschickt alles wieder durcheinander bringt, was man mit Mühe vorher an seinen Platz gestellt hat. Kojote ist ein Trickster.

Am Anfang war alles grau und dunstig, es war immer währende Dämmerung nicht Tag und nicht Nacht, die Übergänge zwischen den Welten waren offen und irgendwo im Diffusen verborgen. So war es den Verstorbenen möglich ungehindert in die diesseitige Welt zu gehen und ihre Verwandten zu besuchen. Die Sterne aber, die den Verstorbenen im Dunst der Übergänge den Weg zeigen sollten, flackerten wie Irrlichter hin und her und die Toten fanden nicht zu ihren Liebsten. Und es kamen auch die bösen Kreaturen der unseligen Außenwelten, die den Menschen arg zu schaffen machten. Das war nicht gut und der große Geist des dunklen Himmels wollte endlich Ordnung schaffen.

So schied er das Licht von der Dunkelheit und teilte das Diffuse in Oben und unten und in die vier Himmelsrichtungen. Dann legte er sich all die vielen Sterne auf einer großen Decke zurecht, auf der das Geschehen all dieser Welten schon seit Urzeiten in Bildern gewoben war. Das kostete viel Mühe und brauchte lange Zeit . Als er dann endlich alles in schöner Ordnung vor sich liegen hatte, blies er den Sternen sein göttliches Licht ein und schickte einen nach dem anderen hoch an des Himmels Zenit an einen ihm zugewiesenen und so festgelegten Platz. Hier sollten die Sterne gemäß seiner Vorstellung in den Sternbildern das Geschehen auf der Welt der Lebenden in der himmlischen Ordnung wie auf der gewebten Weltendecke wiedergeben. So war jedem Lebewesen und jedem anderen beseelten Objekt auf der Welt sein Platz und seine Aufgabe in diesen Himmelsbildern klar angewiesen. Und jeder, der geschult war, diese Bilder zu lesen, könnte das Weltgeschehen so verstehen und für seinen perfekten Ablauf Sorge tragen. Das dachte der gute Geist des nächtlichen Himmels und fast wäre er mit seinem Projekt auch ganz fertig geworden.

Kojote aber, der schelmische Geist, der Unruhestifter, Wanderer zwischen den Welten, kam daher und frug den Alten, was er denn da mache. Gerne wolle er dabei helfen, die Sterne ihrer Aufgabe zu zu führen, sprach da Kojote und schnappte sich mit seinem Maul eine freie Seite der Decke, zog schnell und kräftig daran, bis alle noch darauf liegenden Sterne , ohne doch Ihr ewiges Leuchten eingehaucht bekommen zu haben, ohne Wissen über Platz und Bestimmung , unvermittelt  hoch in den Himmel geschleudert wurden und dort wild durcheinander purzelten. Manche kollidierten oder klumpten zu fernen Haufen, andere bewegten sich hin und her wie die Bälle eines Spielautomaten, wieder andere platzten auf und schufen so die leuchtende Milchstraße.

Auweia, das ging mal wieder ordentlich schief, dachte Kojote. Am liebsten hätte er jetzt mal wieder Alles zurück auf Anfang gedreht. Also sprang er hinter den herumwirbelnden Sternen hinterher, versuchte, sie auf zu halten und doch noch ihrer vorgesehenen Aufgabe zu zu führen. Soweit er sich auch mühte, das einmal in Bewegung versetzte Chaos war wohl nicht mehr zu stoppen.

Aber gerade als er sich verschämt und verstört unten am Boden ganz klein in sich zusammen ringeln wollte, sah er unmittelbar vor seiner Nase einen hellen Stern vorbei huschen. Dieser bewegte sich genau dann immer wieder schnell ein Stückchen weiter, wenn  er gerade auf ihn drauf springen und ihn mit den Vorderpfoten fassen wollte. Ganz so als wolle er ihn foppen. Schnell wie ein Wirbelwind drehte er sich schnell das eine ums andere Mal um sich selbst. Und plötzlich schnappte er dann unvermittelt schnell nach dem zuckenden Ding und hat es auch gleich schon erwischt. Dieses versuchte aber mit jeder Drehung, die er machte, auch gleich heftig wieder, sich dem Biss zu entwinden. Wütend biss er also um so fester zu und lies nicht locker. Au, das tat aber weh!  Denn er hatte sich in die weiß leuchtende Schwanzspitze gebissen und lange vergebens versucht, sein eigenes Hinterteil zu verfolgen. 

Nun hat all dies Gerangel freilich auch nicht geholfen, die Zeit wieder zurück zu drehen und den Schaden wieder gut zu machen. Aber nun ja , vielleicht ist ja ein Eingriff in eine zu fest gefügte Ordnung auch gar kein allzu schlimmer Schaden und hat eher sogar wieder etwas Gutes in sich, wenn man daraus lernen kann. Denn eine fest gefügte Ordnung , wie die Muslime sagen, das Kismet, lässt uns gar keine Freiheit zu entscheiden, welchen Platz wir uns selber erarbeiten wollen. Und wenn man sich kein eigenes Ziel setzen kann und alles fest vorgegeben ist, dann verliert man alles Streben und selbst die Hoffnung auf einen guten Ausgang. Denn ohnedies kommt nicht auch vor dem Anfang (der Schnauze) schon das Ende (der Schwanz) und ist nicht das Ende unabdingbar fest mit dem Anfang verknüpft, wie man sich auch drehen und wenden mag. Das ist doch schon unabdingbare Ordnung genug.

Kojote beißt sich in den Schwanz mit Navajo-Türkis
Kojote beißt sich in den Schwanz mit Schabracken-Obsidian-Kugel
Kojote der Grenzgänger mit Dalmatinerjaspis