Masken aus Amerika- ein wiedereröffneter Sammlungsraum im internationalen Maskenmuseum Diedorf
Diedorf: Maskenmuseum | Der Blick ins Depot:
Ist das nicht skuril? Da will uns jede Maske ihre Geschichte erzählen und jetzt hängen sie alle dicht an dicht und haben nicht einmal genug Platz, um sich Auge in Auge im Gespräch mit einander aus zutauschen. Jede Kultur zwischen eisiger Arktis(Inuit-Eskimo), rauklimatischem Nordamerika (Indianer-first nations), warmen wüstenähnlichem Mittelamerika und tropischem Süden (Indios-indichenas) und sogar die Kulturen im eisigen Süden Feuerlands haben ihre eigene Kultur und ihre eigenen Masken, die die Erzählungen, die Geschichte der Völker in einer fast schriftlosen Kultur durch mythisches Theaterspiel in Erinnerung lebendig bleiben lassen.
So werden wir einfach nur ein paar wenige im Interview ansprechen, um allen diese vielen amerikanischen Völker ein wenig an Verstehen entgegen zubringen.
1. Eisig bläst der Wind über die verharschte Schnee- und Eislandschaft , über das Land, das ein halbes Jahr fast nur den Tag kennt, dessen andere Jahreshälfte aber fast ganz ohne die Lebens spende Sonne auskommen muss: Ewige Dunkelheit, vielleicht ein kurzes Aufglühen und nicht einmal Zeit, um sich auf zu wärmen. Während die Männer draußen an den Eislöchern auf Jagdbeute warten, unterhalten die Frauen zwischen den Näharbeiten an den schweren hartgefrorenen Fellen die Kinder mit Fingermasken. Immer 2 Masken werden paarweise auf die beiden ersten Finger der linken Hand gesteckt , streiten sich wortgewandt und bringen die Kleinen endlich zum Lachen, die -unvorstellbar – ganz ohne einen Fernseher, Computer oder sogar ohne Radio im Schneehaus aufwachsen müssen. Am Abend, wenn die Männer von den Eislöchern wieder einmal weder mit Fisch noch mit erjagten Seehund zurück kommen, greinen die Kinder mit leerem Magen. Ein Nachbar hat im Schnee ein schon längst an geschwemmtes flaches Stück Treibholz gefunden, vielleicht von einem der großen schwimmenden Fischfabriken, vielleicht von einer über Bord geworfenen Holzkiste. Er schnitzt daraus mit dem Messer eine groteske Maske, die an den Kopf eines Seehundes, wie er gerade im Atemloch auftaucht, erinnert. Drum herum steckt er allerlei Dinge, lauter Treibgut, das er schon früher einmal gefunden hat: Mövenfedern, kleine Äste und zwei Plastikröhrchen. Aus zwei Fischknochen schnitzt er noch die beiden Vorderflossen und steckt sie in die restlichen Bohrlöcher. Am Ende des Tages ohne Sonnenaufgang oder –untergang werden sie bei der schummrigen Beleuchtung des Tranliches gemeinsam Grimassenschneiden spielen und die neue Maske ein weihen. Das wird ein spannender Abend werden!
2. Von der Jagd auf Weisswedelhirsch, Elch, Bär und dem Zug der Lachse bestimmt ist das Leben der 5 Stämme im nördlichen Waldland um die großen Seen: Seneca, Mohawk, Oneida, Cayuga, Onondage, die sich Iroqois oder die „Bewohner des Langhauses“ nennen. Dieses riesige Gebäude aus Holzstämmen beherbergt mehrere Familien. Die Sage geht, dass der Schöpfergott, an furchtbaren Kopfschmerzen leidend, auf der Suche nach einer Heilpflanze im Walde, die Augen ganz nach unten gerichtet gegen einen Baum gelaufen ist. Schief war das Gesicht vom Zusammenstoß verzerrt, der Kopfschmerz aber war weg. So glauben die Iroquois, die auch noch andere Falschgesichtermasken gegen andere Krankheiten herstellen, dass sich jeder, der krank ist, selber kurieren müsse. Die Geheimgesellschaft müsse ihm aber den Weg weisen. Der Kranke muss sich entweder selbst eine Maske schnitzen, oder seinen besten Freund dazu beauftragen. Die Maske wird aus dem lebenden Holz eines Baumes geschnitzt und dieser nach Entnahme der Maske mit Wachs, Harz und Rinde wieder verschlossen. Überlebt der Baum ,trägt die Maske seine Lebenskraft mit sich. Nach seiner Genesung wird er selbst Mitglied der Falseface-society. Morgens geschnitzte Masken sind rot, abends geschnitzte schwarz. Masken au Maisstroh dienen Fruchtbarkeitsriten
3. Bei den Cherokee, die als eine der treuesten Handelspartner der Weisen im Hinterland von Washington, D:C. in den Smocky Mountains ansässig waren und dann vertreiben wurden, werden Tier-Clans-masken und Spassmachermasken, die die Weisen in ihren Rassemerkmalen lächerlich machen sollen getragen.
4. An der Pacifiküste in Kanada (British Colombia) und dem Norden Amerikas leben Indianervölker in Langhäusern, die fast ausschließlich vom Fisch- und Walfang und nur wenig von der Jagd auf Landtiere leben. Für die meisten Landtiere und Vögel gilt dort, dass sie als Brüder und Vorfahren der Menschen einem Tabu unterliegen und in großen Ahnenpfählen verehrt werden. Auch der Maskenkult spiegelt Geschichten dieser Ahnen wieder, die sich in kultischer Vorzeit noch vom Tier in den Menschen und umgekehrt verwandeln konnten. Diese Verwandlungsmasken zeigen entweder das Bild des Tieres im Menschenanlitz integriert, Mischformen aus beiden oder durch Schnüre und Scharniere zu bedienende Klappmasken. Der Rabe, Fregattvogel(Donnervogel), Bär, Frosch, Biber, die Biene und der Schwertwal sind häufig wiederkehrende Typen. Portraitmasken helfen die Erinnerung an heroische Verstorbene wach zu halten. Dzunakwa, die wilde dunkle Frau aus dem Walde und der Riese Nuxalk sind Dämonenmasken. Viele der Masken treten bei den jährlichen Potlach-festen auf, die von den reichsten und angesehendsten Stammesmitgliedern, die hierbei im Wettstreit zu einander stehen, gesponsert werden. Arme Leute werden so auf Kosten der Reichen miternährt. Vermögen wird um geschichtet.
5. Die Indianer(First nations) im Süden der Vereinigten Staaten und im Norden Mexikos leben meist in eher wüstenähnlichen Gegenden. Bei vielen verkörpern die Masken Urzeitheroen und Götter, deren öffentliche Zurschaustellung in Fotos, Film oder im Museum verboten ist, um den Glauben daran nicht zu entmystifizieren. Nur wenige europäische Museeen besitzen von den Pueblokulturen wie den Hopi, Zuni, Navacho und Apachen Orginalmasken. Bei Hopi und Zuni sind nur die Masken für die Pubertätsfeiern der Mädchen( Tabletas) für Touristen zugänglich. Die meist aus zylinderförmig gerolltem Leder oder runden Flaschenkürbissen , sowie Lehm, Erdfarben, Fell und Federn hergestellten Geistermasken sind tabu und nur durch die Form von Lehrpüppchen für die Knaben( Katchinas) bekannt geworden. Navachos und Apachen tragen auch einen kultischen Kopfschmuck aus schmalen bemalten Brettchen (Gah-masken).
6. Bei den Tarahumaraindianer im Hochland südlich der Sonorawüste Mexikos werden Gürteltierhäute als Haarflächen eingearbeitet, die Mayo- und Yaki-indianer haben in den Osterspielen und bei wichtigen Familienfeiern kleine Tiermasken auf die Stirne gebunden, die Verstorbene als Wiedergeburt in Form von Tieren aus dem direkten dörflichen Umfeld zeigen und an den Feiern teilhaben lassen. Die österlichen „Judas“masken zeigen Dämonen in halb tierischer und menschlicher Gestalt oft mit jüdischen Akcessoars wie Zylinder , Krummnase und Koteletten. Bei den in Wachs eingelegten knallbunten Perlen,- und Wollfadenmasken der , die von Schamanen hergestellt werden, verraten uns die Bilder aus der Einnahme des Peyotekaktus haluzinogen herbeigeführte farbenfrohe Blicke in die Anderswelt.
7. In den karibischen Inselstaaten ist das Erbe aus afrikanischer Sklavenkultur, indigenen Stämmen der First nations und spanisch/portugisischen Eroberern so stark durch mischt, daß sich keine wirklich traditionelle Maskenkultur halten konnte. Beachtenswert sind gerade deshalb die vielen kreativen Neuschöpfungen vor Allem aus Recyclingmaterial oder phantastische Pappmaschee-kreationen.
8. In Mexiko , Guatemala und dem kolonial stark beeinflussten Süden Amerikas bestimmen Totemtiere, die als Wiedergeburt mythischer und realer Ahnen gelten, die Kulte ebenso, wie der Glaube an Dämonen und Teufel, die in den Diabladas beim jährlichen Umzug von einzelnen Heiligenfiguren durch die Ortschaften für reichlich und begeistert begrüßten Unfug sorgen und erst durch den Schlag der Kirchenglocke bei Besuch der Kirche für kurze Zeit zur Vernunft kommen. Manchen Touristen saß da über längere Zeit der „Schalk“ im Rücken oder auf der Schulter. Auch für die Totenfeste sind Tod-masken und Tiermasken üblich. Der Verstorbene ist in ein Haustier geschlüpft, um seine Verwandten besser betreuen oder auch ärgern zu können.
9. In den Kulten der Naturvölker in Südamerika spielen sowohl Masken oder Diademe aus Federn (Oberlauf des Amazonas, Rio Madeira und Rio Xingu) eine wichtige Rolle, wie auch vor Allem Ganzkörperkostüme für die Initiation aus Baum(unter)rinde (Tapa) (Rio Negro und an der Grenze zu Kolumbien). Flache Brettmasken mit stark abstrahierten Fischgrätmustern finden sich am Rio Xingu. Mit dem schwarzen Wachs von Baumbienen und Kaolin werden die Masken der Piaroa in Venezuela auf einer geflochtenen (Körbchen-)Unterlage zu mythischen Tiergestalten ausgestaltet. Auch der Flaschenkürbis bietet für viele Völker als Maskenunterlage die ideale Grundform