Warum wir mit 70 Jahren halt doch sehr schnell zu altern anfangen, weiss uns eine alte Erzählung im Süden Myanmars zu erklären

Kehze ist nach der ganzen Arbeit mit seinem Menschen aus Erde hundemüde und muss heftig gähnen – Eine Maske der Semang (Orang Asli, Satai), der Menschen aus dem Urwald

Diedorf: haus der kulturen | Das kleine Zwergvolk der Semang, Orang Asli im Süden Burmas und im Norden Malaysias zählt zusammen mit den Naga und 5 weiteren Stämmen zu den seven sisters of India, die dort ganz im Gegensatz zum industriell vorwärts schießenden Hauptland noch ganz im Einklang mit der Natur und Ihren Gesetzen leben.

Als Jäger und Sammler ernähren sie sich ganz aus ihr und bauen sich ähnlich wie die Pygmäen in Afrika, mit denen sie wegen ihrer Hautfarbe und dem krausen Haar auch äußerlich gesehen sehr ähnlich sind, nur vorübergehend benutzte Schlafplätze mit Laub und Gras im tiefen bergigen Urwald.

Gegenüber den großen Religionen und jeder Art von „moderner“ Zivilisation sind sie völlig verschlossen und leben aus dem Tag heraus. Totenkulte kennen Sie nicht. Für viele der großen Fragen der Menschheit kennen Sie aber in ihren Mythen meist ganz einfache und einleuchtende Erklärungen. So auch zur Frage, warum denn der Mensch oft schon mit kaum 70 Jahren sterben muss:

Da ist der Erdgott schrecklich sauer dass Kehze, einfach ohne zu fragen, seine Erde für so fragwürdige Experimente genommen hat…

Der Schöpfergott Kehze beschließt, einen Menschen zu machen, weil er sich nach getaner Schöpfung so alleine fühlt. Aus Erde soll er sein, die aber dem Erdgott zugehörig ist. Damit dieser nicht Verdacht schöpft nimmt er heimlich Erde ganz weit vom Nordwesten des Landes, wo sich das hohe Gebirge des Himalaya, der Sitz des Erdgottes, so majestätisch erhebt und trägt sie bis an die Grenzen des Kontinents, der dort im Osten zum Meer abfällt, um dort seinen ersten Menschen zu gestalten.

Da dies jedoch eine weit kompliziertere Aufgabe als der Rest der Schöpfung ist, wird er natürlich an einem Tage gar nicht fertig und legt sich erschöpft neben seinem Werk zum Schlafe nieder. Entsetzt muss er am nächsten Tage fest stellen , dass die ganze Arbeit zerstört ist. Da er aber sein Vorhaben weit zielstrebiger als beim ersten Mal wieder auf baut, scheint es ihm, als sei der Mensch noch schöner geworden, und, obwohl nicht ganz fertig, begibt er sich auch in der zweiten Nacht ganz mit sich zufrieden wiederum zum Schlafen. Aber auch diese Schöpfung liegt am nächsten Morgen in Einzelstücke zerbrochen am Boden. Notdürftig und mit sich und der Welt unzufrieden fügt er also zum dritten Male seinen Menschen wieder zusammen. Da er früher fertig geworden ist, kann er sich noch bei Tageslicht zum Schlafe daneben legen. Da er aber mit all seinem Frust gar nicht schlafen kann, sieht er kaum eine halbe Stunde, nachdem er sich dort hin gelegt hat, die riesenhafte Gestalt des Erdgottes sich seiner Schöpfung nähern. Er springt sogleich auf und stellt den Giganten zur Rede. Wie befürchtet, geht es dem Widersacher natürlich um die Besitzrechte der Erde, die zum Bau des Menschen benötigt wurde.

Um den Riesen nicht übermäßig zu reizen, verspricht Kehze, die Erde nach 70 Jahren wieder an den Erdgott zurück zu geben. Deshalb zerfällt unser Körper, wenn wir nach etwa 70 Jahren unser Leben schließlich voll bracht haben, wieder zu Erde.


Besitzrechte auf geistiges Eigentum, das heißt Copyright, könnten wir am Haus der Kulturen natürlich auf diese und andere Geschichten auch anmelden, die wir bei unseren Reisen mündlich erzählt bekommen haben und auf unser europäisches Denken hin verändert aufgeschrieben haben. Genau das wollen wir aber nicht: Wir wünschen uns, dass diese Geschichten auch bei uns verbreitet, mündlich weitererzählt und dabei immer wieder verändert zu neuem Leben erwachen. Teil der so sich verändernden Geschichte zu werden, scheint uns mit Sinn des Lebens zu sein.

siehe auch ‚warum wir mit 70 Jahren halt doch schnell zu altern anfangen…‘ auf myheimat.de