Was ist eigentlich eine Maske – ein Interview

Was ist eigentlich eine Maske – ein Interview

der hausdrache, postkarte von 1920
der hausdrache, postkarte von 1920

Fragen an Herrn Stöhr Maskenmuseum Diedorf

_Sie kennen Masken aus aller Welt. Gibt es einen gemeinsamen Wesenszug der Masken, d.h. etwas das allen Masken gemeinsam ist? Was könnte das sein?

S.:Masken verhüllen bis auf ganz wenige Ausnahmen die Identität eines Menschen (griech. :prosopon = vor dem Gesicht) .
Bei einen Teil davon wird eine neue Identität angenommen (lat.: persona = die Rolle des Schauspielers)

_Geschichtlich betrachtet, gibt es einen Anfang, seit dem man Masken verwendet hat? Hatte dieser Anfang etwas zu tun mit der Kultur, religiösem Verhalten, einer geistigen Entwicklung der Menschheit oder etwas ähnlichem?

S.: Im Allgemeinen vermutet man den Beginn des Maskengebrauchs im Jagdzauber (Les Troisfreres: Höhlenzeichnungen von mit Tierfell maskierten Schamanen).
Ich persönlich glaube, dass davor beim Rücktransport der erlegten Tierhaut, der Träger der Haut als Tier (z.B als Bär) rein spielerisch attackiert wurde. Eine schwere frische Bärenhaut kann man nur tragen, wenn man sich die Tatzen über die Schultern legt. Damit hat man ein Tierkostüm an.
Eine andere ursprüngliche Entwicklung haben Masken aus dem Totenkult bekommen. Man hat den Verstorbenen feuchtes Leder oder Tuch aufs Gesicht gelegt, das die Gesichtsform bewahrt hat. Sklaven mussten mit dieser Maske bei Familienfeiern den Verstorbenen spielen.

_Was zeichnet eine Maske aus?

S.:Bisher hielt man es für unumgänglich, dass Augenschlitze vorhanden sein müssen, damit eine Maske getragen werden kann. Aber viele Masken werden auf der Stirn oder als Hut getragen. Das Gesicht des Maskentänzers ist unter Faserkleidung verborgen. Auch Bauchmasken gibt es.

_Wann ist eine Maske missglückt oder eine schlechte Maske?

S.:Wenn sie kein Leben hat, weil sie nur für den Andenkenmarkt hergestellt wurde.
Und ganz besonders auch dann, wenn es Ihre Aufgabe ist , alle die sie tragen zu uniformen gleichartigen Massenmenschen zu machen:
Das geschieht in der schwäbisch-alemanischen Fasnet und ihren Umzügen (Baden-Würthemberg) mit 300 oder mehr völlig identisch aus Holz gefrästen Maskengestalten, die dann jeweils für eine Fasnetszunft einer Stadt typisch und genauestens festgelegt sind. Abweichende Masken führen zum Zunftausschluß.

_Was macht eine Maske zu einer gelungenen Maske?

S.: Wenn Sie beim Auftreten mit den Möglichkeiten des Tänzers harmoniert.
Wenn Sie materialgerecht verarbeitet ist.

_Welche besondere Bedeutung können Masken heute haben?

S.: In den Industriegesellschaften heute können Masken zu Selbstfindung und Therapiezwecken eingesetzt werden.
Naturvölker verwenden immer noch Masken, um Überlieferung auch ohne schriftliche Aufzeichnung lebendig zu halten.

_Welche Problematik ist mit Masken verbunden?

S.: Mit wirklichen Masken wohl weniger. Aber mit den unsichtbaren Masken, die wir alle täglich aufsetzen. Manchmal wird man sich dann selber fremd.

_Gibt es eine Masken – freie Gesellschaft?

S.:Im Islam ist die Darstellung des Menschen im Bilde verboten.
Der Mensch wurde nach dem Bilde Allahs gemacht. Gemäß den 10 Geboten soll man kein Götterbild herstellen. Aber es gibt die Burka.

_Welche Maske würden sie für sich bevorzugen oder wählen?

S.: Am Liebsten stelle ich von mir selbst Masken in Form von Karikaturen her. Wenn ich Besucher des Maskenmuseums frage was sie davon halten, kann ich mich mit meiner eigenen Rolle und Wirkung aus einander setzen.

_Wenn Sie unsere Masken sich anschauen, was fällt ihnen dazu ein? Welche der Masken halten sie für ungewöhnlich, typisch für irgendetwas oder einfach nur interessant?

S.: Ich glaube, sie sind alle sehr gut gelungen. Viele darunter gefallen mir sehr gut, weil sie so einfach in den Materialien und deshalb konzentriert und ausdrucksstark gehalten sind .
Jede Maske hat natürlich immer etwas ganz Persönliches vom Hersteller übernommen. Masken, die sehr naturalistisch sind oder viele ganz unterschiedliche Details haben, gefallen mir selbst nicht so gut. Wahrscheinlich stammen sie eher von Menschen, die gut beobachten können und viel zu erzählen haben. Aber das ist doch auch ganz besonders schön!

_Müssten sie eine wissenschaftlich These zum Thema Masken aufstellen, was würde ihnen da einfallen?

S.. Wisst Ihr meine Beschäftigung mit Masken und der Kunst anderer Völker kommt aus vielen Reisen und herrlichen Erfahrungen mit anderen Kulturen. Jedes Volk hat seine ganz ureigenen Besonderheiten und auch ganz andere lebendige Geschichten, die mit Masken dargestellt werden sollen. Diese Geschichten führen die Hand der Handwerker, die diese Masken herstellen. Alle Masken müssten da überall ganz anders aussehen . Allerdings sind Materialien und Werkzeuge oft ähnliche. Manchmal gibt es ähnliche Masken ganz entgegengesetzt auf dem Erdball.
Was mich interessiert, ist immer der Zusammenhang zwischen den Geschichten und den Masken. Manche der Geschichten habe ich schon aufgeschrieben in : www.myheimat.de unter michael stoehr und Maskenmuseum Michael Stöhr

_Gibt es Masken in der islamischen Tradition?

S.:Die Gesichtstücher der Tuareg zum Schutz gegen die Sandstürme und die große Hitze der Sahara.
Die Burka, die gerade in Frankreich durch ein extra neu eingebrachtes Gesetz verboten wurde.
Eigentlich müsste man eher Herrn Sarkosy die Maskierung verbieten, dies für die Menschenrechte zu tun. Wie es scheint, will er nur den aufkommenden Nationalisten unter der Tochter von LePen Stimmen abwerben.
Eigentlich glaube ich auch, dass gerade durch die sehr starken und ungeschminckten Gefühlsäusserungen bei vielen nordafrikanischen und bei Völkern des nahen Orient, weniger an unsichtbaren Masken getragen werden als bei uns.

_In welcher Religion finden sich Masken in besonderer Weise und Bedeutung wieder?
S.:Am meisten unterschiedlichen Maskentypen gibt es natürlich im Hinduismus mit all den vielen Göttern und Wiederverkörperungen der Götter in menschlicher und tierischer Form. In den monotheistischen Religionen auch dem Christentum wird Maskierung von der Kirche höchstens toleriert.