Exkurs über die Ursprünge des Maskenkultes

Dunkelheit hinter der Maske – ein Exkurs über die Ursprünge des Maskenkultes

Die Maske – Kurzgeschichte einer langen dunklen Zeit

  1. Die Perchten und die Zeit der Rauhnächte
    Nach Silvester bis Heilig Dreikönige, ursprünglich sogar noch früher ab der Sonnenwende, dann wenn die Tage wieder länger werden, waren in den Alpen an späten Abenden düstere Wintergeister unterwegs, zottige Gesellen in Fellen mit gehörnten Tiermasken, flechtenbehangenes Waldvolk im Nadelzweigkostüm mit Rindenmaske, runzlige Alte mit dunkler oder kranker und schiacher Hautfarbe auf hölzerner Maske, schreckten die Jungen, die Kinder, die Mädchen, schwangen den Prügel wohl auch im spielerischen Kampf symbolisch zwischen Alt und Jung ,Winter und Sommer, Mann und Frau. Frau Percht, die uralte Mutter Natur , die Göttin auch schon vor Einführung des Christentum, im Märchen als Frau Holle hatte sie wie jedes Jahr geschickt und stand für ihren Namen Pate. Schiachperchten wurden Sie genannt.
    Manchenorts trafen sie auf die Vertreter der sich wieder erholenden Sonne wie bei den lichtertragenden Schönperchten, den Glöcklern aus Ebensee, den schönen Kläusen in Appenzell, die mit ihrem Kopfputz en miniature in kleinen Szenen die gesamte bäuerliche Alpenkultur zur Darstellung bringen, den Engelspritzern in Nassereith, den Rollern im gesamten Inntal und Werdenfelser Land , die als Maskenfiguren der schönen jungen Damenwelt, gespielt von jungen Burschen, sich zum Tanze für den Frühling drehen. Diese wiederum suchen sich zum Gegenpart nicht immer die Zottigen. Sie erschaffen sich auch andere neue Laufpartner, die alte bärtigen Scheller, die zwar ursprünglich für den Winter antreten, aber im Inntal mit den umgehängten Kuhglocken die düsteren Kräfte verscheuchen sollen. Auch der zottige Bär in Imst, Nassereith und Mittenwald vertritt jetzt die erwachende Natur. Überdrüssig des Winters Bürden und des Bärentreibers Schlägen wendet sich der Bär jetzt erstarkend gegen des Peinigers Griesgram. Rollenspiele vielleicht?
     
  2. Fasenet, Fasnacht, Karneval.
    Das ist jedoch erst später im Jahr. Verdrängt vom Christentum weg von der Sonnenwende und dem neu gesetzten Geburtsfest, weg auch vom Frühlingsbeginn und der neugesetzten Daten des christlichen Todes und der Auferstehung zu neuem Leben bleibt für die alten Feste aus der Natur wenig Platz im Kalender. Wird doch auch gefastet. Einmal, weil es ja im Bauernhaus sowieso noch wenig zu beißen gab und weil man wie in anderen Religionen dann doch auch Zeit für die innere Einkehr braucht – Plenus venter non studet libenter. Carne vale: Lebe wohl Fleisch. Man feiert, schlemmt, verzehrt die restlichen Vorräte, die sich noch gehalten: vor allem Butter und Schmalz, schwimmende Krapfen im siedenden Fett—Karneval und danach die Fastenzeit. In der Not noch mal richtig aufdrehen, alles ist erlaubt –verkehrte Welt– und erst dann der Verzicht. Genau in diesen Zusammenhang fallen die meisten europäischen Maskenbräuche, auch die der venezianischen Pestverdrängungsbräuche –nur nicht dran denken– und, weil die Krankheit ja ohnedies nach mittelalterlichem Glauben über die Luft übertragen wird, ja vermummen, Mummenschanz treiben.
      
  3. Das Eggaspiel zu Sonthofen, der Egatman zu Tramin und das Blochziehen von Fiss
    Im Herbst reißt der Pflug die Erde auf; im Märzen der Bauer, er egget und säht. Nur zu verständlich, dass im Alpengebiet sich hier verborgene Fruchtbarkeitsrituale zugesellen; die zu Fasching und dann auch im Frühjahr gefeiert werden. Alle häuslichen Tiermasken sind versammelt, um Anteil an diesem Fruchtbarkeitszauber zu erhalten. Die Hexe wird verbrannt, nicht das arme heilkundige Kräuterweib, sondern Frau Percht höchstpersönlich. Der Frühling kann kommen.
       
  4. Krampus, Klausen Klaubauf
    Auch der Eintritt des Winters braucht seine Maskenläufe, denn während der warmen Jahresphase fehlt ja die Zeit; Zuviel Arbeit fordert Feld- und Tierhaltung. Jetzt aber braucht man die spende freudigen Heiligen der Notleidenden, denn der Winter kommt: St. Martin und St. Nikolaus und auch als Gegenspieler den Diener der Frau Percht, den Ruprecht oder besser noch die ganze wilde Schar der Krampusse(Salzkammergut), Klausen und Klaubaufe(Osttirol). Wenn die Nächte länger werden, sucht man nach Unterhaltung und Kurzweil, die man bei Geschichtenerzählen, Spiel und Grimassenschneiden auch findet.
      
  5. Spiel und Theater
    Wie überbrückte man die kalten Tage, die langen Abende in der Zeit vor dem geschriebenen Buch, vor der Zeit des Fernsehens.
    Mancher Bauer war wohl kreativ mit der Reparatur von Gerät, dem Schnitzen von Spielzeug oder gar Holzmasken. In den endlosen Nächten der Eskimos bringen die Geschichten und Mythen die Sippe näher und wärmer zusammen. Paarweise verziehen die Inuit sich das Gesicht gegenseitig zu skurrilen Grimassen. Gemeinsames Lachen wärmt unser Herz in der Kälte und Dunkelheit des Winters Bewusstsein von Gemeinsamkeit verdichtet sich bei der griechischen Komödie und Tragödie sogar zu Bewusstsein gemeinsamer Kultur und Geschichte.
       
  6. Und nochmals ganz zurück: Der Jäger wird zum Tier
    Die von der Jagd heimkehrenden Eskimo-Jäger waren erfolgreich. Nie wieder wird der erlegte Eisbär ihre Hunde übers Eis zerstreuen. Das Fell des Tieres trägt — fast darunter verborgen – der erfolgreiche Speerkämpfer. Die Anspannung weicht. Mit brummenden Lauten versucht der junge Jäger im Spaß die Kameraden zu schrecken—Stressabbau , Rollenspiel und geistiges
    Verdauen des Erlebten. Im Spiel wird der übermütige Jäger mehrmals mit der stumpfen Speerseite in die Rippen gestoßen und geknufft. Ein anderer sticht in ein Fellstück Löcher für Augen, Nase und Mund. Mit vorgehaltener Maske greift er ins Spiel mit ein, aber noch ist der Jäger nicht zum Tier geworden. Der Schamane wird am Abend gerufen. Einer der Familienangehörigen ist erkrankt. Trommelnd versetzt sich der Geistheiler in Trance. Die Maske aus dem Walknochen, das magische Stück Kupfer mit den Augenlöchern hängt ihm nur vom Gürtel; er trägt es nicht. Auch ohne sie wird er so vor aller Augen zur fliegenden Krähe oder zum streifenden Wolf. Vom Erkundungsflug zurückgekehrt rät er, das Eisbärenfell weit von den Iglus wegzubringen. Als Fell einer tragenden Mutter sei es Auslöser für die Racheversuche der ungeborenen Föten.

Bilder und Informationen hierzu auch auf myheimat.de