Eine kurze Führung durch das Maskenmuseum in Diedorf (Europaraum)
Zur Geschichte des frühen europäischen Brauchtums.
Die Vorzeit
Masken und Verkleidungen gibt es seit der Frühzeit des Menschen. Schon in vielen Höhlenmalereien und vor allem auch in gravierten Zeichnungen in Frankreich z.B in Trois Freres und Les Combereils finden wir menschlich anmutende Gestalten mit tierischem Kopf. Ihre Deutung als Schamanen liegt in diesen naturverbundenen Zeiten nahe, muss aber nicht zwingend sein. Würden wir diese den Zeichnungen möglicherweise zu Grunde liegende Maskierung eher etwas pragmatisch sehen.
Das Maskenspiel
So lässt sich der Vorgang das erbeutete Fell, den Trophäenkopf einfach im Spiel nach erfolgreicher Jagd auf den Kopf zu nehmen, auch aus unserer modernen Sicht durchaus verstehen. Die enorme körperliche wie vor allem psychische Anspannung des gefährlichen und für einen immer sicher tödlichen Kampfes mit dem wilden Tier, hat spontane Erleichterung und unverarbeitete Handlungsphasen zur baldigen Folge. Der Kampf wird vielleicht schon auf dem Heimweg in Kurzszenen während des Laufens nachgespielt. Der Tierfell-träger kämpft im Spiel mit der Gruppe. Vielleicht übernimmt auch der Schamane zu Hause diesen Part. Glück und Unglück für die nächste Jagd sind dann hiervon bestimmt.
Fellmasken
Nahebei dieser uralten Verwendung sind in unserer Sammlung rechts im Hintergrund das Schwarzbären-Maskenfell der finnischen Lappen(1), das Braunbärenfell(2), die Wildschweinfell-Maske (3) und das Hirschgeweih mit Rupfensack(4) aus Grainau im Werdenfelser Land zu sehen. Heute sind letztere beiden Masken touristisch in die Fasnacht mit Ihren Gangln, den kleinen Maskengruppen, eingebunden und treten als Überraschungsfiguren auf, die plötzlich in die Zuschauermenge hineinrennen, einzelne oder mehrere Personen anrüpelte, stoßen, evtl. sogar niederringen, -wilde Tiere eben. Hirsch und Wildschwein, besonders aber der Bär sind Tiere die im Frühjahr in alten Fruchtbarkeitslauten der Natur als Opfer zurückgegeben wurden, Ihr Blut wurde auf die Felder gegossen., um Ihnen für die kommende Saat Fruchtbarkeit zu verleihen. Aus Tramin in Südtirol ist andererseits der Brauch der Wuselen bekannt, die vom Jäger durch den Ort getrieben und vom Metzger schließlich geschlachtet werden. Der Maskentypus entspricht einer Habergeiss-Maske mit Kuhhörnern , soll aber einen Drachen darstellen.
Bärenjagd und Opfer
Gerade der Bär hat sich ja dem Winter, dem Sterben durch Eingraben in seiner Höhle entzogen und erlebt quasi im Frühjahr seine Auferstehung. Bärenmasken im Frühlingsbrauch haben deshalb überall beliebte und vielfältige Formen angenommen. Vielerorts tritt der junge ungestüme Bär (Frühjahr)(5) mit dem alten griesgrämigen Bärentreiber (Winter)(6) auf. Ein ritueller Kampf ist vorprogrammiert. Neben den eher naturalistischen Bärenmasken der schwäbisch alemannischen Fasnacht(7,8), sind zwei ganz ausgefallene Exemplare in der Ausstellung: Einmal eine lederne Bärenmaske aus der Tschechei(9), sowie eine Maske aus dem Pinzgau, die aus einer alten Kinderlederhose(10) hergestellt wurde.
Unbekannt auch sicher die Masken aus Birkenrinde, die bei der Bärenjagd von den jakutischen Schamanen am Aralsee aufgesetzt werden, damit der Bär nicht erkennt, wer in getötet hat und das erlegte Tier (als Wiedergänger) dann auch nicht weiß, an wem es Rache nehmen muss.
Naturmaterial und „wilde Männer“
Mangels geeigneter Felle und Trophäen werden die primitiven Masken wohl auch wie bei den Eskimo aus einfachen Fundstücken hergestellt. Der hohle Wurzelstock(11,12), Knochen(13), Moos(14), Efeu(15) und Flechten(16) eignen sich zu Masken der Holzmandel (z.B.. von Blumenau in München(17), Penzberg(18) und Kirchseeon(19)) oder wilden Männern im Allgäu und Alpengebiet. Der im Wald eigengesetzlich und einfach lebende Mensch, der Köhler oder Eremit wird als primitive, triebhafte Seite des sozialisierten Menschen mit seinen Gesetzen und Verboten gesehen(20).
Verkehrte Welt
Fastnacht, die Nacht vor der Fastenzeit, erlaubt den Menschen sich für eine Nacht Ihrer Verpflichtungen in einer quasi verkehrten Welt zu entledigen.
Fastnacht ist also eine Art von Orgie vor dem Verzicht und verkehrte Welt des sonst Üblichen. Bei den römischen Saturnalien war es den Sklaven erlaubt die Rolle Ihrer Herren zu schlüpfen, sich von Ihnen bedienen und verwöhnen zu lassen und Ihnen gehörig die Meinung zu sagen.
Rügebrauch
Hierin gründet sich sicher auch der Brauch der Haberer im Bayrischen Wald in Niederbayern und der Oberpfalz. Diese waren verkleidete Männer, die den Glashüttenbesitzern, den Großgrundbesitzern von Wald und Feld, sowie später dann auch unliebsamen anderen Mitbürgern unter der Maske die Meinung sagen. Öfters wurde hier so mancher Unschuldige, wenn es der örtlichen Meinung so passte, gar quasi wie beim Ku-Klux-Clan verfolgt und möglicherweise sehr rüde körperlich angegangen. Der etwas andere Mitbürger gab in seiner Andersartigkeit sicher einmal Anlass zum Spott hinter der Maske, schlimmer, wenn der Andere dann zum Schreckgespenst für die Jugend hochstilisiert wird, wenn die Erziehung durch Angst vor dem Drohgespenst erfolgt.
Der verspottete Fremde
Wer hat Angst vor‘ m schwarzen Mann und wer flieht vor den weißen Joiden, vor Aarons hakennasiger, roter Maske in der Rhön. Hierher gehört auch der ursprüngliche Brauch im Sarganser Land und in der Innerschweiz mit typisierten Masken, dem jüdischen Fabrikbesitzer , der etwas dussligen, sitzen gebliebenen alten Jungfer im Dorf, dem Schlumpf, den Rügebrauch zu vollziehen. Auch dem Narren war es an den Fürstenhöfen erlaubt, uneingeschränkt seine Meinung zu sagen, vorrausgesetzt sie war lustig vorgetragen. Fasenet käme hier also von Faseln, dummes Geschwätz verbreiten.
Antikes Theater und Totenkult
Im griechischen Theater und eingeführt auch bei den Römer diente die dünnwandige Maske aus Ton, gestärktem Tuch und geharztem Holz wie ein Schallverstärker um im Amphitheater auch die hintersten Reihen beschallen zu können. Persona, der eigenständige, durch seine Besonderheiten in seiner Rolle als einzigartig charakterisierte Mensch trägt die Maske, die den Ton verstärkt: per-sonare. Der Begriff Maske soll einerseits in den romanischen Sprachen von Masherah (arabisch: der Spassmacher) und andererseits im Germanischen und Slawischen aus dem langobardischen: masca, d.h. mit einem Netz verhüllten Wiedergänger, also einen lebenden Toten abstammen. Lares waren die unruhigen Seelen der Ahnen, die man nach dem Tod fesselte und weit vom Dorf entfernt vergrub. Larva, war jenes verhüllende Tuch des Gesichtes, die Larve, gleichzeitig auch das Netz für die Fesselung des verstorbenen Körpers.
Heische-Brauchtum
Hungern im Winter für den reichen Bauern unbekannt, solange noch genug Getreide, Obst und Speck in der Kammer war. Das musste zur Fastenzeit aufgebraucht werden. In Fett schwimmend gebackene Küchle, Krapfen, das Fastnachtsgebäck umhin, sollte die leicht verderbliche Warenvorräte noch aufbrauchen. Auch der Arme durfte jetzt zum Betteln kommen. Kranke und Alte mussten nicht fasten. Im Samtal gehen auch heute noch sogar die wohlbetuchteren Erwachsenen mit Stoffmasken (21) vor dem Gesicht zum Klöppeln, Klöckler klopfen an und machen durch Glockenläuten auf sich aufmerksam. Vorsingen macht Spaß und bringt der durstigen Kehle dann Wein und Schnapsgenuss. Heische- Bräuche während der Winterzeit, beginnend schon mit St. Martin, Nikolaus, Weihnachten, Dreikönig und letztlich dann zur Fastnachtszeit müssen auch den Spendern etwas bieten.
Maskierte Unterhaltung fürs nackte Überleben
Kleine Theaterstücke, Scherze, Lieder und Tänze bringen Gaben ein.
Jedermann auf steirisch lässt den dummen Bettler zum Verlierer am Nikolaustag werden, der dann von Klausens teuflischen Begleitern, den Kramperln (singular Krampus) ebenso wie das ungehorsame Kind in die Hölle geschleppt wird. Die Alten (Bettler) tanzen und müssen sich dabei zum Narren machen. Die Habergeiß schnappt durchs Wirtshausfenster hindurch mit Ihrer Maske nach den Gaben auf Tisch. Der Bartl (der heilige St. Bartolomäus kommt gleich nach Weihnachten )(22) trägt die Gaben im Korb. Der Nussmartl ist der Gabenbringer mit Sack zu St. Martin. Auch Knecht Ruprecht, Sack auf: Gaben raus- böse Kinder rein sorgt für Angst und Schrecken, damit die frommen Verserln auch richtig für Nikolausohren gelernt werden. Dunkel geschminkt in Fellkleidung , halb Tier, halb Mensch kommt er vom Walde her, von dunkler unchristlicher Herkunft, erinnert sein Name an das Gefolge der Frau Perchta, der doppelgestaltigen weiblichen Gottheit.
Licht und Finsternis
Ebenso wie Frau Holle: frühlingshafte Lichtgestalt einerseits ist Berschta zum anderen dunkel, bucklig, krumm, und todbringend mit Schnee bedeckend (23). In Ihrem Gefolge, ungetauft gestorbene Kleinkinder, aus dem Zwischenreich zwischen Leben und Tod. Ihr gehören die Tage zwischen Weihnacht und Epiphanias heute noch mit den Perchten- Umzügen im Bayrischen Wald, Niederbayern bis nach Kirchseeon. Die Rauhwuggl und der blutige Thammerl (mit dem Hammerl) (24)aus Waldkirchen, Nachfahren eines Habererbrauches(?) verbrennen die Puppe (des Winters?). Der Tag des namengebenden heiligen Thomas liegt vor Weihnachten, oder war es hier doch Thor, der hammerschwingende Germanengott der Wilden Jagd, der hier Namenspate gestanden hat. In den Raunächten zwischen Weihnacht und dem Erscheinungsfest jagt Frau Perchta (Berschta) mit der Wilden Jagd über den Himmel. Die Berschta tritt auch auf als ein nur mit Lumpen maskiertes und gänzlich stummes Weiblein.
Feiertage der alte Kulte werden vom Christentum übernommen
Für Santa Lucia, einer römischen Märtyrerin, die geblendet wurde und viel dieser germanischen Lichtgottheiten im Volksglauben in sich aufgenommen hat, veranstaltet man an Ihrem Namenstag dagegen Lichterfeste . Als christliche Heilige, deren Geburtstag der Berchta die Berühmtheit nehmen soll ,hat sie keinen dunklen Aspekt.
Die Wintersonnenwende liegt je nach zugrunde-liegendem Kalendarium einmal vor und einmal nach Weihnachten. Das Christentum setzt hier an den ‚ zentralen Platz zwischen Hell und Dunkel, Winter und Frühling das leuchtende Fest der Geburt. Absolute Lieblinge der Fasnacht: Hexenfiguren, Heilerinnen und Vernichterinnen, kehren das alte Jahr hinaus und schaffen Platz für neues Wachstum. Der Besen, der Reiser und Zweig, die Geisel, der Fuchsschwanz, phallische Symbole schaffen Fruchtbarkeit im Boden nur durch leichtes Anschlagen. Auch beim Menschen.
Der Seelvogel
Auch Frau Perchta hat eine phallisch lange Nase. Vogelmasken der venezianischen Pestzeit hielten dem Arzt die Kranken fern und durch ein mit Parfüm getränktes und in den Schnabel gestopftes Tuch wohl auch lästige Gerüche fern. Nach der Meinung der Zeit war die Luft an übelriechenden Kanälen schuld für diese Krankheit. Pestmasken gibt es auch auf der anderen Seite der Alpen. Die Fasenickl in Kipfenberg mit Ihren Glöckchen auf dem Kopf sollen Pest und Leprakranke deutlich sichtbar und vor Allem hörbar machen, sollen aber auch Hässliches verbergen. Das frühlingshaftjunge Maskengesicht mit kleinem Bärtchen fördert mit der Geißel aber auch Fruchtbarkeit und treibt durch das Knallen Wintergeister fort.
Der Storch wie auch der europäische Ibis, der Waldrapp stochern mit ihren langen Schnäbeln im moorigen Boden und ziehen für viele scheinbar pausenlos strampelnde Babies oder sind es Frösche daraus hervor. Sind das Berschtas ungeborene Kinder oder die Seelen von Verstorbenen? See(l)-Vögelmasken treten vor Allem im späten Frühjahr auf, so die Wasservögel in Bad Griesbach in der Pfingstzeit(25), Maivögel und Storchenmasken in der Oberpfalz (26)und im Rheinland.
Pfingstesel oder Pfingstlümmel sind mit frischem Reisig verhüllte Gestalten, die Felder und Dörfer mit Wasser segnen sollen und auch selber mit Wasser überschüttet werden.
Ist diese Wassertaufe einem alten Initiations-Ritual entstiegen? Sind das Masken der wieder zurück gekommenen Zugvögel? Sicher spielt hier noch auch der alte Bärenkult und das Brauchtum der Wilden Männer mit hinein. Es sind Naturmaterialien wie Erbsen- und Haber-Stroh (Haferstroh), das beim Erbs- Bär und vielen Faschings-Verkleidungen verwendet wird.
Der Waldrapp (Europäischer Ibis)
Die Stoffmasken der Hänsele z, B die Maske in der Ausstellung aus Überlingen(26) haben schuppen- oder federähnliche Blätz oder Spättle, kleine dicht aneinander genahte Stoffflecken und lange vogelähnliche Schnäbel. Sind das Schnäbel oder Zungen oder ist hier etwas Phallisches angedeutet, so wie bei den roten Zungen der Krampus-Fellmasken im Bayrischen Wald und Slowenien. Auch Frau Perchta hat ja eine vogelähnlich lange Nase .Eine Waldrappmaske der Sammlung kommt aus Unterammergau. Im Gegensatz zu Oberammergau, wo wegen der unmittelbaren Nähe zum Kloster Ettal keine Masken getragen werden durften, wurde sie wohl von venezianischen Kirchenmalern geschaffen. Die kamen durch das Ladinische, durchs Comelico Superiore, durch das Fassatal und das Inntal.
Comedia dell Arte
Neben den Pestmasken waren in Venedig und Bergamo vor Allem die Masken des Renaisance-theaters , der Commedia dell arte(27,28) zu Berühmtheit gelangt. Klar umrisse Maskentypen (ohne Unterkiefer zum besseren Sprechen ) machten für das Volksschauspiel einfache Rollenkombinationen möglich. Da die Herstellung aus Leder über geschnitzten Modeln ausgesprochen aufwendig war, wurden sie in den Alpentälern durch dünngeschnitzte hölzerne Charaktermasken im Ladinischen und Wachsmasken im Bergamo ersetzt. Der Stoff der Theaterstücke wechselte vom vorher festgelegten Komödienstoff auf eher örtliche Dorfgeschichten.
Der Lauf über die Felder bringt Furchtbarkeit
Verbunden wurden diese Theaterstückchen mit Fruchtbarkeitsriten, die Menschengruppen ähnlich Fronleichnam über die frühlingshaften Felder ziehen ließ. Schöne, prächtig gekleidete Maskenfiguren, die Matazine führten den Zug an. Der Buffon, eine Maske mit extrem langer Nase(29) lässt wieder Phallisches anklingen, gibt der Erde Fruchtbarkeit, der Feier aber Scherz und Witz. Diese hölzernen Masken findet man in den Dolomiten im Comelico Superiore(31) und um Sappada(30), im Fassatal und Val Floriana. In Inntal und im Werdenfelser Land wurde der Brauch dieser barockesken und dünngeschnitzten hölzernen Larven dann weiter in lokale und breitgefächerte Bräuche integriert. Gerade die Karner (32), die Wanderkaufleute und Wanderhandwerker über die Alpenkämme hinweg, werden im Inntal selbst in Form von hässlichen Masken karikiert. Scheller( männlich, Winter)( 33) und Roller (weiblich, Sommer)(34) sind die zentralen Masken der Inntaler Fasnacht um Nassereith, Imst, Telfs, Axams u.a..
Die Basler Fasnacht mit den Guggenmusiken
An der Decke des Raumes für europäisches Brauchtum hängen eine Reihe von Helmmasken (Vollkopfmasken), sogenannte Grinde aus Berner und Basler Fasnachtsbrauchtum. Diese Vollkopfmasken haben im Mund und Kinnbereich Aussparungen für die Blasinstrumente. Guggen sind Instrumentalgruppen, die sich auf möglichst schrille und fetzige Interpretationen von gängigen Pop-Songs und Gassenhauern spezialisiert haben und bei Basler Fasnets- Umzügen ebenso spielen wie bei Wirtshaus- und Gruppenbuchungen. Viele der Gruppen-Masken wurden früher aus Pappmachee hergestellt und bemalt, heutzutage hat sich Polyester und Glasfaser ebenso durchgesetzt wie Tiefziehformen aus Plastik. Eine besonders bekannte Figur ist der Waggi(35), ein großnasiger Bauer aus dem Elsass. Interessant auch die Masken junger Pop-Bands mit futuristischen Masken aus dem französischen Jura(36).
Osteuropäische Maskentraditionen
An der Stirnwand gegenüber hängen traditionelle Masken der ost- und südosteuropäischen Länder. In den Maramures im Norden der rumänischen Karpaten gibt es Masken für die Totenwache(37,38), hergestellt aus Stoffresten, einem alten Hut und als Zähne weiß schimmernde Bohnen. Die Maskenträger müssen über den Verstorbenen wachen und verhindern, dass er zum Wiedergänger wird. Auch will der Verkleidete vom Toten nicht angeblickt werden, um einem sonst sicheren baldigen Tod zu entgehen. Es handelt sich also auch um eine Schutzverkleidung, um nicht erkannt und von der Toten-Seele verfolgt zu werden.
Die Buffo–Masken aus Mohacs im südlichen Ungarn(40,41) erinnern mit Ihren Kuhhömem an dionysische Hirtenkulte und Frühjahrsopfer im Umkreis des Mitras-Stierkultes. Der Geschichte nach sollen die Kroatischen Bewohner Südungarns mit diesen Masken die angreifenden Türken in die Flucht geschlagen haben.
Viele der Masken aus der Tscheche! und vor allem Polen sind aus einfachen Fundstücken zu einfachen Masken zusammengesetzt. Ein Putzbrett mit Besen als Haare und Schnurrbart(42) ebenso wie die blecherne Sturmhaube eines Kamins(43) sollen als Beispiele gesehen werden. Auch in Estland und Lettland werden bei Faschingsumzüge einfache Masken hergestellt. In Krumnau in Böhmen wird der Umzug mit selbst erfundenen und gebastelten Masken mittlerweile wieder als Touristenattraktion eingesetzt(44).
Aus der Slowakei(52), Kroatien(45) und aus Rumänien(46,47) werden viele Habergeiß-ähnliche Tiermasken mit Klappkiefer gezeigt. In Bulgarien und Mazedonien werden ,entwickelt aus dionysischen Kulten, fantastische Kopfaufsätze aus Flügeln und Tierköpfen zusammengestellt(48,49).
In Nordgriechenland (Naoussa) wird mit weißgesichtigen Masken an die Toten in der Sklavenarmee der türkischen Besetzer (Janitscharen) erinnert(50,51).
Westeuropa
In Galizien werden über einer Grundform aus Pappmaschee oder Gipsbinden (früher wohl Wachs) Maskenaufsätze prunkvoller Soldaten(53,54) oder wilder Männer(55) mit bunten Papierstreifen oder Naturmaterialien hergestellt. Manches davon war für die Masken aus Süd- und Mittelamerika Vorbild.
Derb aus Holz geschnitzt sind die Masken von Winterteufeln in der Provinz Tras-os-Montes(57,58,59).
In den französischen Pyrenäen und im Baskenland geleiten Kostüme von Reitern auf tänzelnden Pferden(56) den Frühling ins Land. Große Riesen auf Stelzen mit riesigen Köpfen (Geantes)(60) aus Pappmasche oder Polyester zeigen die Heroen des Landes in einer Linie mit dem biblischen Samson. Diese Geschichte findet sich in Bad Ischl Salzkammergut genauso wie im Süden von England und in Frankreich.
Eine Fasnachtshochburg mit dem schönsten Maskenmuseum der Welt und den Wachsmasken der soldatisch herausgeputzten Boules lädt in das südbelgischen Binche. Stafelots Papiermasken tragen wiederum eine hochmütig erhobene rote Phallusnase.
Schweizer Brauchtum
Ganz besonders im abgeschlossenen Lötschental, im Wallis, brachten die Rotschäggatä(62,63,64), gehörnte Tiermenschen-Masken, Schrecken in die Winterszeit. Derb buntbemalt früher und aus einem Zirbenladen flach herausgeschnitzt, heute auch als Touristen Mitbringsel finden sie angebrannt mit der Lötflamme große Verbreitung unter den Skigästen. 3 Masken aus alter Provenienz werden in der Ausstellung gezeigt.
Im Sarganserland gehen kleine Maskengruppen zu Fasching von Haus zu Haus und zeigen mit Ihren Charaktermasken ihre Beziehung zum Inntal. Albert Bärtsch, der Schnitzer, Buchautor und Lehrer, hat diesem und anderen Bräuchen sein Leben gewidmet und dem Museum eine charakteristische Larve zur Verfügung gestellt(66). Des weiteren finden sich gerade aus den Familien Stoop einige Charakter – und Hexenmasken(65).
In Kriens(67,68,69) bei Luzern, fast noch im gleichen Tal, nur 200 km weiter, sind auch heutzutage die Charaktermasken( alte Weiber) aus Holz liebste Maskierung. Krienser Deckel, Bernerwiaber und einmarschierende Franzosen erinnern an frühere Zeiten. Krienser Sammler, besonders Herr Öttinger haben dem Museum weitergeholfen. Die Inner- Schwyz hat immer vereinzeltes Brauchtum mit verbreiteten, aber tatsächlich wenigen Typen. Die Röliimasken aus der March(70,71) sind frühlingshafte, aber hier bebrillte Gesichter. Markus Kläger, der als Maskenschnitzer und Autor tätig ist und das einzige regionale Maskenmuseum der Schweiz in Pfäffikon gegründet hat, soll für seine Bemühungen für Schweizer Fasnachtskultur und seine Beziehungen zu unserem Museum ganz besonders lobend erwähnt werden. Im Appenzellerland, vor allem in Urnäsch, gibt es Schönkläusen und Wüschtkläusen. Erstere sind mit Wachstuchmasken und figürlichen Aufsätzen des dörflichen Lebens ausgerüstet. Letztere sind mit Fundstücken aus dem Wald beklebte und behängte Pappmaschee-Larven .Im Museum jeweils eine Maske.
Brauchtum in Bayern
Hindelanger Butzelarven
Ursprünglich mit der Wintersonnenwende verbunden, aber heute nur mehr in den Faschingsumzug integriert, sind die alten Perchten- Larven aus Hindelang. In unserer Sammlung eine der ersten Masken aus der Zeit der Wiederbelebung dieses Brauchtums vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Der Schulbub Wendelin Gehring hat sie 1949 geschnitzt und beim Sohn Christian von Otto und Paula Modersohn-Becker, die dort ein Sommerhaus hatten bemalen lassen(74). Eine weitere Maske aus dem Besitz des Schnitzers Lipp ist nach einer Zeichnung von Leonardo Da Vinci als Alter Mann nachempfunden(75). Alt und Jung sind auch hier in Hindelang die Pole des Perchten- Brauches. Aus der Schnitzerfamilie Lipp stammt eine Wintergeistmaske und die Maske einer jungen Frau.(77). In Sonthofen treiben im Winter zum Nikolausfest die einzigen Masken für Mädchen, die Bärbeln ( St. Barbara vor Weihnachten) ihr Unwesen und dreschen mit ihren Ruten auch quasi in einer verkehrten Welt auf die nackten Waden der jungen Burschen ein. Verkleidet sind Sie mit Flicken übersäten Hexengewändern und mit Moos und Flechten überzogenen Gips – oder Pappmascheemasken(79); Wilde Weiber? Die männlichen Rumpelklausen im Allgäu tragen urtümliche Fellmasken mit Hörnern(80).
Talkirchdorf und der Allgäuer Butz
Als Butz wird jemand bezeichnet, der verschroben und im Dorf unangepasst ist, ein „Hinterwäldler“ , ein Außenseiter, eben. Er gibt immer Anlass zu Ärger und schafft es, aus gelacht zu werden. Für den Rügebrauch der Fasnacht war er stets eine willkommene Beute. In Hohenstaufen im Allgäu wird seine Puppe am letzten Tag der Fasnacht verbrannt. In Talkirchdorf ziehen handgeschnitzte Butzelarven- Gruppen von Hof zu Hof(81,82).
Der „Blaue Joid“ in der Rhön
Im Südosten der Rhön werden weiße Masken mit roten Backen und langem Kotelettenbart getragen. Sie sind eine Karikierung der relativ reichen jüdischen Tierhändler, die den Bauern dort vor Allem Schafe und Ziegen ab kauften ,und beim Weiterverkauf an den Metzger gutes Geld machten(83,84).
Der Fasenickel im Altmühltal
„Göllsucht“ , (Gelbsucht), schreien die Kinder in Kipfenberg, wenn die Gruppe der mit Flecken-Gewand und Maske bekleideten Fasenickl im Fasching erscheint. Der Geschichte nach sollen es Pest- und Lepra-Masken gewesen sein , die den Träger beim Betteln vor den Blicken geschützt haben und sein Kommen durch die Glöckchen auf der Kopfbedeckung schon von weitem hörbar machten. Seit einem Pestgelöbnis
findet dieser Brauch alle Fastnacht statt(85,86,87).
Niederbayerische Außenseiter
Die Gegend des nördlichen Rott- Tales ist für sein Haberer- Brauchtum genauso bekannt wie Miesbach.
In Manching hat der Schnitzer Dengl zum Auftritt in den benachbarten Gemeinden und am Münchner Marienplatz derb verzogene und karikierte Gesichter geschnitzt(88,89,90).
Perchtenlauf in Bayern
In Griesbach, Bayerbach und Passauer Umgebung gehen mit Perchten- Kostümen bekleidete Holzerer (ehemals Leiharbeiter für den Holzabschlag aus dem Salzburger Land) und Flößer zum Umzug am 6. Januar. In Waldkirchen im Bayerischen Wald nennen sie sich Rauwuggl(91). Dort tritt auch der „Bluatige Thammerl“(24) auf, eine Verschmelzung von Heiligem Thomas und dem raubeinigen Thor aus der wilden Jagd.
Zu Stankt Thomas wurde für den Winter ein Schwein geschlachtet und aus dem mit Blut beschmutzten Metzger, der damals in die Bauernhöfe kam, lies sich für unartige Kinder leicht ein Drohgespenst machen.
Kärntner Tuifl und steirische Kramperl
Während das aktive Brauchtum der Butzelarve in Hindelang leider immer mehr ausstirbt, wuchert das modernisierte Brauchtum um St. Nikolaus in Form von jährlich modistisch neu orientierten Krampusgruppen, die jedes Jahr neue Tuifl-masken bei Kult-schnitzern bestellen. Zusammen mit dem Fellanzug eine Anschaffung von 1200,— bis 2500,— Büro, die die Maske zum deutlichen Prestige-Objekt einordnen lässt. Nikolausumzüge verkommen so zur Hate- Parade, bei der zusätzliches Utensil aus Geländewagen, Motorrädern, Feuerwerk und über den Asphalt gezogene, funkenstiebende Motorsägen die Regel sind . Wrestling- -Vorführungen?? Kultnamen der sicher begabten Schnitzer aus der Umgebung von Salzburg und St Johann im Pongau: Promegger (Metzgermasken aus Hüttschlag), Guggenberger ( Bischofswiesen), Gangl (StJohann), Mosei, Astei, Willegger, usw. Die an Kultfilmen orientierte Nachfrage bestimmt den Markt und somit den oft auch eher unwillig gesteuerten Holzkünstler. Erfreulich die Traditionen, die sich eher am Traditionellem orientieren, wie die Krampusgruppen in Gastein, die Klaubaufschnitzer in Matrei und viele Schnitzer, die trotz eigener Unzufriedenheit wegen fehlender Oberflächentricks den Anschluss an das große Geld nicht schaffen, aber trotzdem gerade deshalb eher urtümliche Masken schaffen. Gerade hier hat das Museum einige Ankäufe getätigt. Gerade, weil teilweise der Versuch unternommen wird, in Hinsicht auf die Oberflächengestaltung des in Handarbeit aurwendig geschnitzten und bemalten Holzes billige fabrikmäßig hergestellten Latex-alienmasken nachzuahmen, ist der Übergang zu den Vollkopflatexmasken aus Halloween-feiem hier im Raum nicht weit. Kräfteaufreibend geschnitzte wohlriechende Zirbelmasken in Verbindung mit Fasern und Sehnen aus Heißklebepistolen und Craquelle- Lack, das will nicht immer ganz passen und rutscht trotz hoher Handarbeitskosten in den Kitsch ab.
Volksmasken
Die volkstümlichen Faschingsmasken der großen Fabrikationen in Thüringen: Ohrdruf, Manebach (92,91)und Sonneberg und aus Polen aus Pappmachee, aus tiefgezogenem Plastik der Familie Cesar in Saumur ( früher auch dort ein örtliches Maskenmuseum)(92), Wachsmasken der Firma Steiner in Siebnen(93) und einige Halloween- Masken sind im Treppenaufgang zum neuen Raum untergebracht. Die Masken hängen tropfsteinartig von der Dachschräge.
Maskenmaterialien und Maskenherstellung
So vielfältig wie der Maskenbrauch in der gesamten Welt sind auch die verwendeten Materialien. Neben Bekanntem finden Sie völlig Unerwartetes: So die Maske aus einem Hornissennest der Cherokee-Indianer (100)in den Smoky Mountains westlich von Washington-City. Interessant ist auch eine Maske aus Erdbienenwaben aus dem nepalesischen Tiefland von den Terai(101). Holz-Schwämme und andere Fundstücke sind im Himalaya sinnvoll bezugnehmende Masken. Wertstoffe, wie Brennmaterial finden als getrocknete Yak- Fladen in Nepal(102) plastische Verwendung. Brotmasken aus Bodneg(103,104) sollen dem mittelalterlich belagernden Feind in Bodnegg gezeigt haben, dass noch genug zum Essen in den Kammern war.
Knochen wird verwendet, wegen seiner manchmal flachen Form und, weil oft nichts Anderes verfügbar ist, natürlich vor Allem bei den Eskimos(106), die in waldloser Gegend an Schwemmküsten leben, aber auch im Karakorum(105) und bei den Völkern auf Timor und Sumatra(104). Wo die Holzbearbeitung der modernen effektiven Werkzeuge entbehren muss, wird geflochten, mit Baumharz geklebt. Stein weiter verarbeitetes Fundstück ist wohl eher zu schwer(107). Diese Maskenausstellung finden Sie gleich im Eingangsbereich. Dort wird auch die Herstellung einer Wachsmaske ebenso erklärt wie die anderen Materialien für die Fasnachtsmaskenherstellung: Holz, Pappmaschee, Latex oder Silikonkautschuk aus der Dichtungskartusche vom Baumarkt: für die eigene Verwendung zur Herstellung einer Maske findet sich vieles.
Der Medienraum
Gleich hier schließt die Ausstellung im Medienraum an. Mehrere einfachste Kartonmasken aus einfachen Recycling-Formen zeigen die pädagogischen Möglichkeiten auf, die man üblicherweise voraussetzen kann. m anderer Zusammenstellung: die Masken aus alltäglicher und historischer Arbeits- und Lebenswelt Gasmasken, Schweißerhelme, Tauchglocken, Hitzeschutzmasken, neben historischen Formen wie den Schandmasken und rekonstruierten Helmen der Römer und Kreuzritter schaffen hier interessantes Vergleichsmaterial.
Wenn wir nicht sehr unter der winterlichen Kälte und ohne Geld für Heizung leiden müssten, würden hier Filme und Fotoschauen zeigen und Einzelbände unserer riesigen Bibliothek zum Thema (30.000 Bände zum Thema) ausleihen. Gegen Einsatz des Wertes geben wir Bücher, Fotos etc. auch nach Hause leihweise aus. An einer Literatur-Ausleihliste wird noch gearbeitet. Eine komplette Übersicht aller ausgestellten Masken in Form einer Foto-CD ist zum Preis von 3,- ohne oder 5.-Euro mit Versand erhältlich.
Unsere Zielsetzung:
Neben der musealen Darstellung des traditionellen und aktiven Maskenbrauchtums in Europa wollen wir mit unserer Erfahrung und unseren Materialien allen Interessierten zu Hilfe sein und das Maskenbrauchtum der Welt erforschen und präsentieren. Besonders freuen wir uns über Dir evtl. Interesse, in Museen und Gruppen eine Ausstellung auszurichten und unsere Ausstellungsstücke auch anderenorts zu zeigen. Dazu leihen wir auch so problemlos wie möglich Objekte und Medien aus.
Gerne würde ich Sie mit Ihrer Familie oder Gruppe auch durch die Sammlung führen.
Möglich ist das üblicherweise von Sonntag bis Mittwoch von 16.00 bis 19.00 und 20.00 bis 22.00. Zu später Stunde sind auch Gruselführungen mit Taschenlampe und mit der Erlaubnis, die Masken aufzusetzen, möglich u. ä..
Rufen Sie mich einfach auch noch kurz vor einem geplanten Besuch an, innerhalb von 5 Minuten kann ich meist am Museum sein. Außerhalb der genannten Zeiten und in den Bayrischen Schulferien bin ich allerdings oft unterwegs zu neuen Forschungen..
T.:+49/8238/60245 oder über www.maskenmuseum.de
- rhön , otto geiss
- hindelang, schropp
- waldkirchen, blutiger thammerl
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- nassereith, kranewitter
- bad mitterndorf
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- Reichenhall , buttenmandl
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- Mieders, Stubaital
- Alte Pinzgauer Perchte
- Sportschuh- Krampus, Stöhr
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- Salzkammergut, Krampus
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- Pongau, Wüaschtperchte
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- Böhmen, Bärenmaske
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